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Aktualisiert: 21. Mai 2013
Erstellt: 15. März 2013

Reichweite nuklearer Ressourcen

Die Reichweite von nuklearen Brennstoffen wird sehr unterschiedlich angegeben. Dies liegt nicht an Unbestimmtheiten in den Ressourcen selbst, sondern an unterschiedlichen Annahmen zur Förderbarkeit, Energieversorgung, Art der Brennstoffnutzung und Art des Brennstoffs selbst. Die folgende Abhandlung soll etwas Klarheit schaffen.

Energieverbrauch

Der globale Elektrizitätsverbrauch im Jahr 2009 betrug 20 PWh[1], entsprechend einer Dauerleistung von knapp 2,4 TW. Davon werden 0,32 TW nuklear bereitgestellt (die tatsächliche installierte Nennleistung ist 0,37 TW). Bei 6,7 Milliarden Menschen entspricht dies einem Stromverbrauch von 3.000 kWh pro Kopf pro Jahr. Der Verbrauch in Deutschland beträgt 7.500 kWh pro Kopf pro Jahr. Als Zukunftsszenario rechnen wir mit 10 Milliarden Menschen bei einem Pro-Kopf-Verbrauch von 10.000 kWh pro Kopf pro Jahr. Dies führt zu einem Gesamtenergieverbrauch von 100 PWh pro Jahr, entsprechend einer Dauerleistung von 11 TW.

Nukleare Versorgungsszenarien

Heutige Druckwasserreaktoren verbrauchen 160 Tonnen gefördertes Natururan (tU) pro Gigawattjahr (GWa) produzierter Elektrizität[2]. Beim heutigen nuklearen Stromverbrauch mit heutigen Reaktoren entspricht dies einer Verbrauchsrate von gut 50 ktU pro Jahr. Beim zukünftigen (100 PWh/a) Szenario würde sich der Verbrauch auf 250 ktU pro Jahr erhöhen. Bei 100% nuklearer Stromversorgung wären die Raten nochmals 7,5 mal so hoch, also 370 bzw. 1.850 ktU/Jahr.

Bei modernen Brütern reduziert sich der Verbrauch wegen der 100-prozentigen Brennstoffnutzung und eines wegen der höheren Temperatur erhöhten Wirkungsgrades um einen Faktor 180 auf 0,88 tU pro GWa. Die Verbrauchsraten reduzieren sich entsprechend bei 100%tiger nuklearer Stromversorgung auf 2 ktU/a (heutiger Verbrauch) bzw. 10 ktU/a (zukünftiger Verbrauch).

Uranvorkommen

Die heutigen bekannten und wirtschaftlich (bis 130 USD pro kg) förderbaren Vorkommen betragen 5,4 MtU (Megatonnen Uran)[2]. Beim heutigen Uranverbrauch beträgt die Reichweite somit gut 100 Jahre oder noch weniger bei entsprechenden nuklearen Ausbau. Bei der Brütertechnik würde sich die Reichweite auf 18.000 Jahre erhöhen.

Im Meerwasser sind 4,5 Gt Uran gelöst, also die 1.000-fache Menge[3]. Die Förderkosten betragen 300 USD pro kg[4]. Dies wäre bei heutigen Druckwasserreaktoren nicht wirtschaftlich, wohl aber bei Brutreaktoren, die den Brennstoff 180-fach effektiver nutzen. Ohne Zufluss würde die Konzentration bei ständiger Förderung stetig abnehmen, wäre aber auch bei eine Zehntel der Konzentration (weniger als zehnfacher Preis) für Brutreaktoren noch wirtschaftlich. Die Reichweite beträgt dann 18 Mio. Jahre bei heutiger Nutzung, bzw. 2,5 Mio. Jahre bei 100% nuklearer Stromversorgung und nur 500.000 Jahre für den zukünftigen Verbrauch.

Tatsächlich wird die Urankonzentration nicht abnehmen, da es ständig von Flüssen aus Gestein ausgewaschen und in die Ozeane transportiert wird. Die Zuflussrate ist mit 7-14 ktU pro Jahr[5] zufälligerweise ganz gut im Gleichgewicht mit der Entnahme beim Vollszenario mit Brütern. Wie lange dieser „Schlaraffenlandzustand” noch anhält kann nur grob abgeschätzt werden. Bei 100 Metern „Waschtiefe”, 100 Mio. km² „Waschfläche” durch Regen und Flüsse und einer Urankonzentration von 3 ppm in der Erdkruste erhält man 100 Gigatonnen Uran, also das 20-fache des Meergehalts. Aus den 500.000 Jahren 100% nuklearen Brüterstrom werden dann 10 Millionen Jahre Reichweite.

Thoriumvorkommen

Die Thoriumkonzentration im Meerwasser ist Größenordnungen geringer als die von Uran, eine Förderung aus Meerwasser ist somit in jedem Falle unwirtschaftlich. In der Erdkruste hingegen ist die Konzentration mit 10 ppm 4 mal höher als die von Uran. Nimmt man eine Wirtschaftlichkeitsgrenze für die Förderkosten von einigen 1.000 USD/kg an, so lohnt sich der Abbau bis in Tiefen von 2 km. Bei einer Fläche von 100 Mio. km² führt dies zu einer Gesamtmenge von 5.000 Gigatonnen. In dem Szenario mit 100% Brüterstrom und 100 PWh/a ist die Reichweite somit 500 Millionen Jahre.

Durch zugänglichen extraterrestrischen Vorkommen (Mond und erdnahe Asteroiden) würde die Reichweite nochmals verdoppeln. Außerdem sind in 500 Mio. Jahren auch Fortschritte in der Fördertechnik denkbar, die die Kosten senken würden. Eine Reichweite von 1 Milliarde Jahren ist also eine sinnvolle Annahme.

Zusammenfassung

Bei der oft zitierten kurzen Reichweite von wenigen Jahrzehnten wird die extrem ineffiziente Druckwassertechnik mit den extrem leicht zugänglichen Vorkommen, die außerdem auf Uran beschränkt werden, kombiniert. Allein die Umstellung auf Brutreaktoren multipliziert die Reichweite bereits mit 200, die Erschließung der Meerwasservorräte um einen weiteren Faktor 1.000 und die Erschließung der Thoriumvorkommen nochmals einen Faktor 1.000. Daraus ergibt sich selbst bei im Vergleich zu heute 5-fachem Stromverbrauch eine Reichweite von 1 Milliarde Jahre, einer Zeit, nach der die Erde wegen der bereits einsetzenden Zunahme der solaren Strahlungsleistung unbewohnbar sein wird.



[3] „Kinetics of Adsorption of Uranium on Amidoxime Polymers from Seawater”, Separation Science and Technology 23,1-3(1988)49. (Eine Konzentration von 3 ppb (Masse) wird angegeben. Bei einem Ozeanvolumen von 1,5 Mrd. km3 führt dies auf eine Masse von 4,5 Mrd. Tonnen.)


© Institut für Festkörper-Kernphysik gGmbH, 2013